Die Filialkirche Sankt Aegidius - eine kirchengeschichtliche Betrachtung

von Claudius Stein

Die urkundlich nachweisbaren Anfänge der Filialkirche Eichenkofen liegen im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts, reichen also noch in das späte Mittelalter hinein. Im folgenden soll das kleine Gotteshaus einer kirchengeschichtlichen Würdigung unterzogen werden.

Der Kirchenpatron

Einer Lebensbeschreibung aus dem 10. Jahrhundert zufolge war Aegidius (Aigidios) griechischer Abkunft und lebte als Eremit in der Provence. Der Westgotenkönig Wamba soll den Heiligen mit einer Hirschkuh entdeckt haben; mit diesem Attribut wird er in der bildenden Kunst gewöhnlich dargestellt. Nach der Entdeckung trat Aegidius angeblich als Gründer und erster Abt des nach ihm benannten Benediktinerklosters St-Gilles auf. Später befreite er auf wunderbare Weise einen Frankenkönig Karl von einer Sündenstrafe. Die genauen Lebensdaten des Heiligen Aegidius sind nicht bekannt; sicher ist, daß er nach 586 lebte und an einem 1. September (später Fest des Heiligen) starb; das angenommene Todesjahr 720 kann quellenmäßig nicht bewiesen werden. Die Abtei St-Gilles mit dem mutmaßlichen Grab des Heiligen war im Mittelalter ein bedeutendes europäisches Wallfahrtsziel (sie lag an der Pilgerstraße nach Compostela). Der Kult des Heiligen Aegidius breitete sich seit dem 11. Jahrhundert bis nach Norddeutschland, Polen, Ungarn und Schweden aus. Der Heilige zählt zu den 14 Nothelfern. Aegidius gilt als Patron der stillenden Mütter und des Viehs; er wird aber auch bei Fallsucht, Geisteskrankheiten und Unfruchtbarkeit angerufen. Seine Reliquien werden heute in St-Sernin in Toulouse aufbewahrt.1

Sankt Aegidius im Spiegel der Diözesanbeschreibungen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert

Anhand verschiedener Diözesanbeschreibungen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert kann ein recht anschauliches Bild von der Geschichte der Eichenkofener Kirche gezeichnet werden. Diese Beschreibungen liegen zu einem guten Teil in Druck vor und sollen im folgenden dem Alter nach vorgestellt werden.

Die älteste Beschreibung der Diözese Freising stammt aus dem beginnenden 14. Jahrhundert, genauer gesagt von 1315. Nach dem Freisinger Bischof Konrad III., der in diesem Jahr den Stuhl des Heiligen Korbinian besetzte, wird diese Beschreibung auch Konradinische Matrikel genannt. Man darf sich natürlich hier keine umfängliche Beschreibung erwarten; die Pfarrei Eitting, zu der Eichenkofen bis 1956 gehörte, wird lapidar mit einem Satz abgehandelt. Immerhin finden wir hier die erste Erwähnung einer Kirche in Eichenkofen, sowie der Pfarrei Eitting überhaupt. Der lateinische Originaltext lautet:

Aeuting soluit XII l[i]b[ras] Hallen[ses], h[abe]t Reisen. Evchenhaim cum sepul[turis].2

Wir erfahren also, daß die Pfarrei Eitting, hier Aeuting geschrieben, zwölf Pfund Haller Währung nach Freising abführen mußte; zur Pfarrei gehörten die beiden Filialkirchen Reisen und Eichenkofen, hier geschrieben Evchenhaim, jeweils, damals wie heute, mit Friedhof.

Aussagen über das eigentliche Alter der Pfarrei, Pfarrkirche und Filialen zu treffen ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Helmuth Stahleder3 warnt vor voreiligen Schlüssen, gezogen etwa in der Nachfolge eines Max Fastlinger4 anhand von Kirchenpatrozinien oder Ortsnamen mit dem Suffix -ing. Stahleder stellt die These auf, daß die Pfarrverhältnisse, wie wir sie heute gewohnt sind, erst um 1315 geschaffen wurden.5 Die Konradinische Matrikel mag in engem Zusammenhang mit dieser die gesamte Diözese ergreifenden Umorganisation stehen.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts trat die Filialkirche Eichenkofen auch als Grundherrin auf. Ausgegeben wurden die Besitzungen vom Eittinger Pfarrer qua Kirchherrn von Eichenkofen. Nähere Aufschlüsse zur Eichenkofener Kirchengeschichte könnte man sicher gewinnen, wenn sich nachweisen ließe, wann und unter welchen Umständen die Anwesen an die Filialkirche kamen. Die statistischen Beschreibungen (von Seite Bayerns) von 1553 und 17526 verzeichnen diesen Besitz jedenfalls schon. 1752 waren es vier Besitzungen (Hallmayr, eine Hube; Pachmayr, ein Lehen; Stadlmayr/Mösner und Eybel, zwei Sölden). Alle Anwesen waren leibrechtsweise an die Bauern ausgegeben, d.h. nach dem Tod des Familienvaters mußte das Leiheverhältnis erneuert werden.

Für gut 200 Jahre schweigen nun die Quellen, bis 1524. In diesem Jahr führte Stephan Sunderndorfer, der Generalvikar des Bistums Freising, eine Visitation der Diözese durch, niedergeschrieben in der Sunderndorfschen Matrikel. Allerdings erfahren wir hinsichtlich Eichenkofen nicht wesentlich mehr als 1315. Der einschlägige Passus lautet:

Habet duas filiales ecclesias, ss. Ruperti et Margarethae in Reisen et s. Egidii [in] Eichenkofen, et sacellum s. Romani in coemeterio ecclesiae parochialis Eytting.7

Wir erfahren, daß Pfarrer Georg Graff, übrigens bekannt durch eine Jahrtagsstiftung zum Landkapitel Erding, zwei Filialkirchen betreut, nämlich Sankt Rupert und Margaretha in Reisen und Sankt Aegidius in Eichenkofen; weiter befindet sich im Friedhof der Pfarrkirche die Kapelle zu Ehren des Heiligen Romanus.

Der Visitationsbericht von 1524 läßt zwar noch nicht die Auswirkungen der Reformation spüren, führt aber manche Mißstände der Kirche in dieser Zeit auf; beispielsweise ließen sich manche Pfarrer in den ihnen verliehenen Pfarreien durch schlecht besoldete und unter Umständen wenig geeignete Vikare vertreten.

Als direkte Reaktion auf die Reformation ist der nächste Visitationsbericht zu werten. Es handelt sich dabei um die groß angelegte und höchst aufschlußreiche, ja teilweise sogar unterhaltsam zu lesende bayerische Visitation des Jahres 1560.

Im Gegensatz zum Visitationsbericht Stephan Sunderndorfers ging die Initiative zur Visitation von 1560 vom bayerischen Herzog Albrecht V. und vom Freisinger Bischof gleichermaßen aus. Albrecht V., eingebunden in die gegenreformatorische Bewegung und die kirchliche Erneuerung, war an der Ausprägung der ausschließlichen Katholizität Bayerns (Michael Doeberl) maßgeblich beteiligt. Allerorten hatten sich Mißstände eingeschlichen, besonders fatal wirkte sich, aus bayerischer Sicht, die Konversion des Reichsgrafen von Haag, Ladislaus von Fraunberg, zum Luthertum aus; die reformatorischen Strömungen in den Landgerichten Erding und Dorfen gehen zu einem guten Teil auf das Konto des Fraunbergers.

Um das Luthertum flächendeckend und effektiv bekämpfen zu können, war ein genauer Bericht, der die Mißstände im einzelnen aufführte, von Nöten. Als die Visitatoren in Eitting erschienen, war der Pfarrer nicht zugegen. Man mußte sich damit begnügen, die Pfarrkirche Sankt Georg sowie die Filiale Reisen in Augenschein zu nehmen; was die Filiale Eichenkofen betraf, mußte man sich auf die Angaben der Kirchpröpste, also der Kirchenverwalter, stützen. Bei deren Angaben handelt es sich um die erste umfangreichere Beschreibung der Filialkirche; darüber hinaus bediente man sich 1560 bereits der deutschen Sprache:

Filials Eichenkofen khirchpröbst. Pat[ronus] s. Egidius.

Ärdinger gerichts. Einkommen 9 fl [Gulden] 2 ß [Schilling] 7 d [Pfennig]. Ausgab dem pfarrer 24 kr [Kreuzer]. Resst ausgelihen 20 fl. Haben sacrament, geben zur beleuchtung bei 8 fl. Hat 3 altär, 2 kelch, 4 meßgwandt, 1 monstrantz. Haben all wochen und alle hailige täg, auch den dritten sontag ain meß. Davon geben sy dem pfarrer und geselbriester, jedem 6 ß.8

Der Pfarrer von Eitting oder dessen Kooperator las also einmal pro Woche in der Filialkirche eine Werktagsmesse, auch an besonderen Feiertagen. An jedem dritten Sonntag fand ein Gottesdienst in Eichenkofen statt. An den beiden anderen Sonntagen mußten die Filialisten in die Pfarrkirche nach Eitting gehen. Diese Form der Gottesdienstordnung blieb über die Jahrhunderte hinweg gleich; der Kooperator mußte immer zwei Sonntage nacheinander in Reisen und dann, am dritten Sonntag, in Eichenkofen den Gottesdienst feiern. Dieser Turnus wiederholte sich. War die Kooperatur Eitting nicht besetzt, mußten am Sonntag alle Bewohner der Filialorte in die Pfarrkirche kommen.9

Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts schweigen nun die Akten. In der Person des Bischofs Johann Franz Eckher von Kapfing und Liechteneck besaß Freising endlich wieder einen Oberhirten, der sich wirklich seiner Diözese annahm und diese nicht, wie es unter manchen seiner Vorgänger und Nachfolger, die nachgeborene wittelsbachische Prinzen waren, geschah, als Sekundogenitur mißbrauchte. Sein Hirteneifer führte ihn in jeden auch noch so entlegenen Winkel des Bistums, er weihte unzählige neue Kirchen und Altäre (auch in Eichenkofen, s.u.) und spendete Tausenden von Personen das Sakrament der Firmung. Auch Eckher ließ den Zustand seiner Diözese in Visitationsberichten festhalten. Hans Niedermayer hat dankenswerterweise die Eitting betreffenden Passagen der Visitation von 1701 aus dem Lateinischen übersetzt:

Die Kirche in Eichenkofen sei, wie auch der Hochaltar, dem Heiligen Abt Aegidius geweiht. Der eine Seitenaltar sei zu Ehren von Jesus, Maria und Joseph, der andere zu Ehren des Heiligen Abtes Leonhard errichtet. Ein Ciborium sei nicht vorhanden, aber eine vergoldete silberne Dose, in welcher einige konsekrierte Hostien sicher und unversehrt für die Kranken aufbewahrt würden. Auch einen schönen Kelch, ebenfalls aus Silber und vergoldet, habe man. Es gebe genügend geeignete Paramente. Der Beichtstuhl sei in der Sakristei, weil es sonst keinen geeigneten Platz gebe wegen der Enge. Kirche und Friedhof seien genügend gesichert. Zwei Meßbücher seien vorhanden und zwei geweihte Glocken. Der Friedhof sei groß genug. An den geweihten Teil schließe sich ein nicht geweihter für die nicht getauften Kinder an. Das Ossuarium sei voll gewesen und nun habe der Herr Pfarrer die Gebeine begraben lassen. Nichts von den in der Kirche notwendigen Requisiten fehle.10

Bischof Eckher starb 1727; die nächst folgende Diözesanbeschreibung, die Kanonikus Schmidtsche Matrikel, entstand zwar gut zehn Jahre nach seinem Tod, von 1738 bis 1740, atmet jedoch noch den Geist der Eckher-Zeit. Die Schmidtsche Matrikel ist die ausführlichste Beschreibung des alten Bistums Freising. Als Verfasser tritt uns der Geistliche Rat Franz Joseph Anton Schmidt, Kanonikus bei Sankt Andreas in Freising, entgegen. Das Urteil des Herausgebers, Martin von Deutinger, wird selbst von einem nur flüchtigen Blick in die Matrikel bestätigt: Man sieht es seiner Matrikel an, daß sie aus der Feder eines gründlichen und gewandten Geschäftsmannes geflossen und nach einem wohlerwogenen Plane nicht nur angelegt, sondern auch mit beharrlichem Fleiße ganz gleichmäßig durchgeführt worden ist.11

Der die Kirche Eichenkofen betreffende Abschnitt hat folgenden Wortlaut:



Ecclesia filialis s. Aegidii in Eichenkofen.
Ecclesia haec veteris & communis structurae habet tria altaria:
Altare majus est dedicatum in honorem s. Aegidii Abbatis. In eo asservatur Sanctissimum.
Altare Jesu, Mariae & Joseph.
Altare s. Leonardi Abbatis.
Divina hic fiunt ordinarie tertia Dominica et in omnibus festis Bmae Virginis & ss. Apostolorum. Item hic dicenda est missa hebdomandalis diebus Sabbati. - Dedicatio celebratur in Dominica ante festum s. Galli, patrocinium vero in festo s. Aegidii Abbatis. - Coemeterium adest cum ossuario et sepulturis. - Sacristia provisa est paramentis neccessariis. - In turri sunt duae benedictae campanae. - Proventus hujus ecclesiae sunt sub administratione Parochi loci et Praefecturae Erdingensis. Das völlige Vermögen dieses Gotteshauses wirdet dermahlen gegen 3700 fl. betreffen.12



Filialkirche Sankt Aegidius in Eichenkofen.

Diese altmodische und gewöhnliche Kirche hat drei Altäre:

Der Hochaltar ist geweiht zu Ehren des Heiligen Abts Aegidius. In ihm wird das Allerheiligste aufbewahrt.

Altar zu Ehren von Jesus, Maria und Joseph.

Altar zu Ehren des Heiligen Abts Leonhard.

Gottesdienste finden hier regelmäßig an jedem dritten Sonntag und an den Festen zu Ehren der Jungfrau Maria und der zwölf Apostel statt. Ebenso ist hier am Samstag eine Wochenmesse zu lesen. Kirchweihe wird gefeiert am Sonntag vor dem Fest des Heiligen Gallus, das Patrozinium jedoch am Fest des Heiligen Abts Aegidius. Friedhof ist vorhanden mit Beinhaus und Begräbnisplätzen. Die Sakristei ist mit den nötigen Meßgewändern versehen. Im Turm befinden sich zwei geweihte Glocken. Das Vermögen dieses Gotteshauses wird vom Ortspfarrer und vom Pfleggericht Erding verwaltet.

Der Visitationsbericht verrät über Eichenkofen weiter, daß der Pfarrer von Eitting den dritten Teil des Eichenkofener Zehents genießt; Mitzehentherrn sind in Eichenkofen der Heigl von Niederlern und Mühlbauer in Erding. Der Hallmayr von Eichenkofen, den wir bereits oben als Grunduntertan des dortigen Gotteshauses kennengelernt haben, muß eine Abgabe zur Wochenmesse in Reisen liefern.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein schweigen nun die Quellen wieder. Und auch dort setzten sie erst ein, nachdem sich die katholische Kirche von den Schlägen einigermaßen wieder erholt hatte, die ihr die Große Säkularisation der Jahre 1802/1803 zugefügt hatte; nach einer langjährigen Sedisvakanz wurde 1817 mit dem Konkordat die Verfassung der Kirche in Bayern wieder hergestellt; 1821 bekam unsere Diözese, inzwischen ein Erzbistum mit dem Namen München und Freising, wieder einen Oberhirten in der Person des Barons Lothar Anselm von Gebsattel.

Beschreibungen der Filiale Eichenkofen (von 1813 und 1817) aus der Feder des Eittinger Pfarrers Schallamayr, nachzulesen bei Hans Niedermayer13, ergänzen das bereits gewonnene Bild nicht wesentlich, so daß auf ihre Wiedergabe an dieser Stelle verzichtet werden kann. Die genannten Beschreibungen stehen übrigens in engem Zusammenhang mit Martin von Deutingers Werk Tabellarische Beschreibung des Bisthums Freysing nach Ordnung der Decanate, München 1820. Die Pfarrei Eitting trägt darin die Nummer 101. Die Unzulänglichkeit damaliger Informationsgewinnung mag am Beispiel der Filialortschaft Eichenkofen verdeutlicht werden: Deutinger gibt für 1820 112 Seelen in Eichenkofen an und setzt stillschweigend voraus, daß sich seit 1813, in welchem Jahr er diese Angabe gewonnen hatte, die Einwohnerzahl von Eichenkofen nicht verändert habe!

Im Gegensatz zu den bisher aufgeführten Berichten, die, wegen der Tatsache, daß sie entweder in lateinischer Sprache oder in einem altertümlichen Deutsch abgefaßt sind, nur wenig rezipiert werden, kommen wir jetzt auf eine Diözesanbeschreibung zu sprechen, die, obwohl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfaßt, immer noch Hautquelle für die Geschichte der Pfarreien in unserer Diözese ist. Es handelt sich um die Statistische Beschreibung des Erzbisthums München-Freising. Eine Neubearbeitung in Realschematismus-Form wird derzeit im Archiv des Erzbistums München und Freising erstellt.

Die das Dekanat Erding enthaltende Lieferung erschien 1872 und war von Anton Mayer, Benefiziat bei Unserer Lieben Frau in München und Registrator an der Erzbischöflichen Kurie, zusammengestellt worden. Über Eichenkofen schreibt Mayer:

Eichenkofen. Erbauungs-Jahr unbekannt, restaurirt 1857. Neuital. Stil. Geräumigkeit genügend. Baupfl.: An d. Kirche die Kirche, am Cm. [Friedhof] die Gemeinde. Kuppel-Thurm mit 2 Glocken. Cons.-Jahr [Weihedatum] der Kirche unbekannt. Der Hochaltar wurde am 4. Septemb. 1722 cons. [geweiht] Es scheint damals ein Umbau oder bedeutendere Restauration geschehen zu sein; denn auch in der Pfarrkirche wurde, laut des erwähnten Consecrationsbuches, am selben Tag der Hochaltar [...] consecrirt, sowie auch der Bruderschaftsaltar [...]. Patr. Hl. Egidius. 3 altar. f. [unverrückbare Altäre] Ss. [Allerheiligstes] Cm. [Friedhof] Orgel (5 Reg. [4!]) Gottesd.: Jeden dritten Sonntag, sowie an allen Frauentagen; die and’ren Feste abwechselnd mit Reisen, wenn ein Cooperator vorhanden ist. Gestiftet: 1 Jahrtag mit Vig[il], Requ[iem] u. Lib[era]; 1 mit Requ. Beimesse; 1 Jahrmesse. (Schmid’s Matr. erwähnt hier auch eine Samstagsmesse.) - Meßner: E. Gütler. Cantor: D. Lehrer. Kirchen-Verm.: a. Rent. 7425 fl., b. nicht rent. 2353 fl. 12 kr.14

Besonders wichtig scheint die Mitteilung Mayers, daß Anfang September 1722 Fürstbischof Johann Franz in der Pfarrei Eitting weilte, um in der Pfarrkirche und der Filiale Eichenkofen Altarweihen vorzunehmen; es ist anzunehmen, daß der Kirchenfürst gleichzeitig das Sakrament der Firmung erteilte.

Mit der groß angelegten Beschreibung von 1872 ist das Potential an mehr oder weniger ausführlichen Urteilen über die Filialkirche Eichenkofen erschöpft.

Etwas aus dem thematischen Rahmen fällt die letzte Beschreibung, denn sie ist einem Werk mit rein kunstgeschichtlicher Ausrichtung entnommen. Es handelt sich um den Band Erding der Kunstdenkmale des Königreiches Bayern, erschienen 1902. Auch dieses monumentale Werk, an dessen Komplettierung bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts gearbeitet wurde, wird heute noch oft benutzt. Trotz manch einseitiger Sichtweise - etwa in der teilweisen Ignorierung des Barock - halfen die Kunstdenkmale, die moderne Denkmalpflege in Bayern zu etablieren.

Dr. Georg Hager, der Entdecker der Wessobrunner Stukkatorenschule, berichtet über Eichenkofen:

Kirche St. Egidius. Backsteinbau. Schiff spätgothisch, mit späterem Gewölbe. Der Chor eingezogen. An dessen Nordseite der Thurm. An der Südseite des Schiffes gegen Westen Rundbogenportal mit Vorhalle, in welcher gothisches Netzgewölbe. Bemerkenswerth ist das Aeussere. An der Südseite des Schiffes dreifacher Fries: zwischen zwei Zahnschnittfriesen (sog. Deutsches Band) ein aus senkrecht gestellten Halbcylindern gebildeter Fries. Am gothischen Unterbau des Kuppelthurmes Zahnschnittfriese und Staffelgiebelfriese.15

Die älteste bildliche Darstellung der Filialkirche

Im Stadtarchiv Erding hat sich eine Planzeichnung16 aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (nach 1654) in zweifacher, identischer Ausführung erhalten. Dargestellt ist, aus der Sichtweise von einem stark erhöhten Standpunkt, die Gegend um Eichenkofen und Altham. Es handelt sich bei dieser Zeichnung nicht um eine gemessene Karte; die einzelnen Entfernungen wurden via Augenschein ermittelt und schließlich, zunächst mit Bleistift, dann mit Tinte, zu Papier gebracht. Die Ansichten von Eichenkofen und Altham dienen nur zur Orientierung; eigentlich geht es um die Weideflächen westlich der genannten Dörfer (die Planzeichnung ist nicht eingenordet, sondern „eingeostet“). Zahlreiche kleine Nebenarme der Sempt, die stets, etwa bei Hochwassern, ihren Lauf veränderten, begrenzten diese Weideflächen. Anlaß zur Anfertigung der Planzeichnung war ein Streit zwischen den Gemeinden Eichenkofen und Altham einerseits und der Stadt Erding andererseits, um das Recht, das Vieh auf diese oder jene Weiden zu treiben.

Für uns heute ist diese unerfreuliche Episode allerdings ein Glücksfall, danken wir ihr doch die wohl älteste erhaltene Ansicht von Eichenkofen. Inmitten weniger Anwesen steht die noch gänzlich gotische Filialkirche Sankt Aegidius. Damals wie heute befindet sich der Turm im Norden des Schiffs. Er ist jedoch noch nicht von einer Zwiebel bekrönt, sondern trägt noch seine gotische Spitze.

Die Angabe des anonymen Künstlers, daß sich damals der Eingang zur Kirche im Westen befand, ist wohl nicht wörtlich zu nehmen, da man damals wie heute die Kirche durch ein gotisches Vorhaus im Süden betrat.

Bemerkenswert sind zwei Bildstöcke am westlich an der Kirche vorbeiführenden Gehweg nach Landshut. Ein Vergleich mit anderen gezeichneten Plänen verrät, daß unsere Gegend, wohl bis zur Wendezeit um 1800, von Bildstöcken richtiggehend übersät gewesen sein muß. Sie fielen wohl zu einem Gutteil dem säkularen Zeitgeist zum Opfer.

Auf dem Weg zur Umpfarrung 1805 bis 1956

Die Umpfarrung der Filiale Eichenkofen nach Langengeisling im Jahr 1956 hat eine längere Vorgeschichte, im Prinzip beginnt sie im Jahr 1805. Der Langengeislinger Pfarrer Anton Mintner notierte sich am 9. Dezember 1805 in sein Tagebuch:

Ward der neue Pfarrer von Reichenkirchen, Mooser, ernannt; ich erhielt von München und Freising die officielle Anweisung, daß die Filial Grucking hinfür der Pfarr Reichenkirchen einverleibt, und von Langengeisling auf immer getrennt sei. Ich fand an den neuen Nachbar einen spröden, prunkvollen Mann, voll Delicatesse und Schwächlichkeit, der sich von allen, wie alle sich von ihm ferne halten. Opinio me non fefellit [Ich habe Recht behalten.].17

Man war sich also von Anfang an sehr zugetan. Weitaus nüchterner beurteilt der Langengeislinger Pfarrer Thomas Mayer18 im Frühjahr 1823 die Angelegenheit:

Der H. Pfarrer zu Eitting Michael Schallermair Geistl. Rath hat seine Pfarr ad manus Patrini Archiepiscopi nempe [zu Händen des Patronatsherrn, des Erzbischofs] resignirt, weil er vor Alter solche nicht mehr versehen kann. Ein Pfarrer von Langengeisling könnte auf die Filial Eichelkofen Anspruch machen, weil unter Elias Mayr [Anton Mintner!] die Filial Gruking von hier abgerissen, u. der Pfarrei Reichenkirchen einverleibt wurde; man verhieß dafür bei Vacatur der Pfarr Eitting, die Filial Eichlkofen zu Geisling zu geben. Doch wurde kein Document darüber ausgestellt: es war also alles Sage. Ich könnte also auf keinen festen Grund bauen. Dann bedacht ich auch: daß der Zehent v. Eichelkofen einem Pfarrer wenig eintrage, die Stolle von dem armen [!] Eichelkofern ganz unbeteidend seyn muß. Dagegen müßte alle ... [?] Sonntag u. sonst öfters dort Gottesdienst gehalten werden. Hier wäre die schöne Gottesdienst Ordnung zerstört, die hiesigen Leute könnten dort nicht zu Helfte Platz finden, u. liefen lieber nach Erding. Einen Coadjutor halten wäre zu kostbar, man könnte ihn heut zu Tag um 400 fl. nicht halten, u. bei diesem Priestermangel wäre auch gar nicht zu hoffen einen zu bekommen, da schon viele Cooperaturen leer stehn: über dieß bin ich schon 66 J. alt, u. also zum Gehen bei jeder Witterung nicht mehr zu gebrauchen. Ich ließ also das ganze beruhen.19

Zumindest für die Gruckinger bedeutete die lange gewünschte Umpfarrung nach Reichenkirchen (das Unterdorf gehörte ohnehin seit ewigen Zeiten dorthin) einen Vorteil, denn der Weg zum Pfarrgottesdienst nach Langengeisling war ungleich länger als der nach Reichenkirchen. Weniger begeistert war der Pfarrer von Langengeisling, durch die Abtrennung der Filiale Grucking erlitt er einen jährlichen Ausfall von 170 bis 200 fl. an seinen Einnahmen. Als Entschädigung für den Zehententgang wurde die Umpfarrung Eichenkofens bei nächstbester Gelegenheit versprochen. Eine Umpfarrung Eichenkofens war jedoch, entgegen der pessimistischen Sichtweise Mayers, durchaus wünschenswert. Denn warum sollte Eichenkofen, das zur politischen Gemeinde und zur Schule Langengeisling gehörte, nicht auch Teil der Pfarrei Langengeisling sein? Ebenso könnte eine geplante Umpfarrung Eichenkofens im Zusammenhang mit den Vereinheitlichungstendenzen zu Beginn des 19. Jahrhunderts gesehen werden, die versuchten, Pfarr-, Gemeinde- und Schulsprengel Langengeisling deckungsgleich zu machen.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts - man sieht, die Beteiligten hatten einen langen Atem - wurde die Umpfarrung Eichenkofens wieder akut. Diesmal ging die Initiative von den Eichenkofener Filialisten aus. Sie wähnten den Augenblick als günstig, denn die Erledigung der Pfarrei Eitting stand wieder einmal bevor. Im Dezember 1896 beantragten sie die Umpfarrung nach Langengeisling. Der Langengeislinger Pfarrer Lorenz Biesendorfer wehrte sich allerdings, ähnlich wie sein Vorgänger Mayer, energisch gegen das Vorhaben; die Langengeislinger Kirchenverwaltung schloß sich ihrem Pfarrer an. Sie gab den Bewohnern von Eichenkofen am 15. Januar 1897 zur Kenntnis:

1. Die Kirchenverwaltung Langengeisling hat in ihrer Sitzung vom 10. Januar 1897 einstimmig beschlossen: Dem Verlangen der Eichenkofener um Kirchenstühle kann nicht stattgegeben werden, da die Kirche Langengeisling zur Aufstellung neuer Kirchenstühle keinen Raum bietet, überdies ist man nicht bereit, selbst wenn neue Kirchenstühle aufgestellt werden könnten, die Kosten dafür zu bestreiten. Langengeisling wüßte nicht, warum es sich für Eichenkofen Kosten machen sollte.
2. Der Pfarrer von Langengeisling erklärt hiemit ausführlich, daß er mit Rücksicht auf die großen Schwierigkeiten, welche die Umpfarrung bietet, nicht bereit ist, Eichenkofen zu übernehmen.
3. Da die Eichenkofener laut Protokoll v. 26. Dezember 1896 erklärt haben, daß sie auf die Umpfarrung verzichten, falls ihnen nicht Kirchenstühle zugewiesen werden, solche aber nicht zugewiesen werden, so erklären hiemit auch durch Unterschrift die Eichenkofener, daß sie auf die Umpfarrung und weitere Verfolgung der Angelegenheit verzichten.20

Natürlich stemmte sich auch das Pfarramt Eitting gegen eine Umpfarrung. Hätte eine solche doch eine Schmälerung des Einkommens der Pfarrei bedeutet. Die Einlösung des Versprechens von 1805 wurde also auch 1897 auf die lange Bank geschoben.

Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts konnte eine praktikable Lösung herbeigeführt werden. Ohne viel Aufhebens wurde die Filiale Eichenkofen im Jahr 1956 aus dem Pfarrsprengel Eitting herausgelöst und der Pfarrei Langengeisling zugeschlagen.21 Nun endlich stimmten politische Gemeinde, Pfarrei und Schulsprengel überein.

1Angaben jeweils aus den drei Auflagen des Lexikons für Theologie und Kirche (1. Auflage, Bd. I, Sp. 132; 2. Auflage, Bd. I, Sp. 190; 3. Auflage, Bd. I, Sp. 177)

2Deutinger, Martin v. (Hrsg.): Die älteren Matrikeln des Bisthums Freysing, Bd. III, München 1850, S. 227; das Dekanat Erding S. 227 f. (§ 418)

3Stahleder, Helmuth: Bischöfliche und adelige Eigenkirchen des Bistums Freising im frühen Mittelalter und die Kirchenorganisation im Jahre 1315, in: Oberbayerisches Archiv 104 (1979), S. 117-188; 105 (1980), S. 7-69; wichtig S. 67-69; das Dekanat Erding S. 38-40, die Pfarrei Eitting S. 39

4Fastlinger, Max: Die Kirchenpatrozinien in ihrer Bedeutung für Altbayerns ältestes Kirchenwesen, in: Oberbayerisches Archiv 50 (1897), S. 339-431

5Stahleder (wie Anm. 3), hier S. 14

6Herleth-Krentz, Susanne Margarethe; Mayr, Gottfried: Das Landgericht Erding (Historischer Altas von Bayern, Teil Antbayern; 58), München 1997, S. 254 (1553), S. 354 (1752)

7Deutinger (wie Anm. 2), hier S. 264 f. (§ 451); das Dekanat Erding (damals Reichenkirchen) S. 255-267

8Landersdorfer, Anton (Hrsg.): Das Bistum Freising in der bayerischen Visitation des Jahres 1560 (Münchener Theologische Studien, I. Historische Abt.; 26), St. Ottilien 1986, S. 711 f.; das Dekanat Erding (damals Reichenkirchen) S. 689-714; zu den Vorgängen im Herzogtum Bayern und Bistum Freising sh. die Einleitung, S. 1-177

9Zur Kirchen- und Pfarrgeschichte der Pfarrei Eitting vgl. neuerdings Niedermayer, Hans: Eitting. Die Geschichte einer Landgemeinde, Birkeneck [1998], passim; zu Eichenkofen sh. S. 253-258

10Niedermayer (wie Anm. 9), hier S. 254

11Deutinger, Martin v. (Hrsg.): Die älteren Matrikeln des Bisthums Freising, Bd. I., München 1849, S. XIV

12Deutinger (wie Anm. 11), hier S. 544-547 (§ 161); das Dekanat Erding S. 497-558

13Niedermayer (wie Anm. 9), hier S. 255 f.

14Mayer, Anton: Statistische Beschreibung des Erzbisthums München-Freising, Bd. I, München 1872, S. 368-371 (Nr. 5); das Dekanat Erding S. 337-412

15Bezold, Gustav v.: Riehl, Berthold; Hager, Georg: Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirkes Oberbayern, IV. Theil: Stadt München, Bezirksamt Erding, München 1902, S.1218

16Stadtarchiv Erding, B VIII a 2; Abbildung in: Organisationskomitee 750 Jahre Stadt Erding (Hrsg.): Stadt Erding. Chonik. Bilderbogen. Dokumente, Erding 1978, S. 236 f.; der dazugehörige Akt ebenfalls Stadtarchiv Erding, B III g 11 b. Eine zweite Skizze findet sich in dem Band: Beil, Erika (Hrsg.): Anton Beil. Erding und Umgebung, o.O. o.J., unpaginiert (Die Kirche St. Egidi in Eichenkofen).

17Pfarrarchiv Langengeisling

18Zu Thomas Mayer (1757-1827) sh. jetzt Stein, Claudius: Das Pfarrdorf Langengeisling zur Sailerzeit. Die Pfarrherren Joseph Bruninger (1813-1816) und Thomas Mayer (1817-1827), in: Münchener Theologische Zeitschrift 52 (2001), S. 356-378.

19Pfarrarchiv Langengeisling; grundsätzlich zur Angelegenheit sh. Kerer, Franz Xaver: Von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Die Geschichte eines Bauerndorfes (Langengeisling) im Erdinger Gau, München 1907, S. 23 (aus der Sicht Langengeislings); Mayer, Matthias: Reichenkirchen. Geschichte der Gemeinde und Pfarrei, München 1990, S. 173 (aus der Sicht Reichenkirchens); Niedermayer (wie Anm. 9), hier S. 258 (aus der Sicht Eittings)

20Niedermayer (wie Anm. 9), hier S. 258

21Demnach ist die Angabe 1957 bei Brenninger, Georg: Die Kirchen der Pfarrei Eitting, Wartenberg 1992, S. 3, zu korrigieren.