Die Filialkirche Sankt Aegidius

eine kunstgeschichtliche Betrachtung

von Claudius Stein

Die erstmals 1315 belegte Filialkirche1 befindet sich im nördlichen Teil des Straßendorfes Eichenkofen in einem altummauerten Friedhof. Der Besucher darf hier keine großen kunstgeschichtlichen Schätze erwarten, wie er sie durchaus in anderen Kirchen des Erdinger Landes antreffen könnte; Sankt Aegidius in Eichenkofen ist ein durchschnittlicher, in Kern gotischer, dann barockisierter Kirchenbau, der ebenso wie die barocke Ausstattung typisch ist für die Erdinger Gegend. Was natürlich nicht heißt, daß Sankt Aegidius für den Betrachter reizlos wäre; es sind gerade solche Kirchen wie Eichenkofen, die die Vorstellung des bayerischen und erst Recht des Erdinger Kirchenbarocks ausmachen.

I. Äußeres

Vom gotischen Kirchenbau sind noch das Langhaus, der Unterteil des Turms (mit gotischem Tonnengewölbe) und das Vorhaus erhalten geblieben. Die Stellung des Turms nördlich vom Chorraum erlaubt eine zeitliche Einordnung in die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert (1470-1520). Als bemerkenswerth stuften bereits die Kunstdenkmale die Verzierungen an Turm und Schiff ein.2 Übrigens fast analog zum Eichenkofener Kirchturm gestaltete Türme finden sich in nächster Umgebung in Erding (Stadtturm), Grüntegernbach, Johannrettenbach, Maiselsberg, Maria Thalheim, Notzing, Oberding, Pastetten, Rappoltskirchen und Taing.3

Das Langhaus hat drei Joche, daran schließt sich ein gering eingezogener Chorraum zu zwei Jochen mit halbrundem Schluß an. Möglich, daß der Chor um 1691 vom Erdinger Maurermeister Hans Kogler erneuert wurde; sicher von Kogler stammt die ebenfalls um 1691 östlich an den Chor angefügte niedrige Sakristei.

Die Kogler stammen aus Schliersee und sind nach dem Dreißigjährigen Krieg nach Erding zugezogen; dieser Maurermeisterdynastie ist einerseits die maßgebliche Leitung des Wiederaufbaus der zerstörten Stadt Erding zu danken, zum anderen war sie es, die die Sakrallandschaft um Erding in einzigartiger Weise prägte. In kaum einem Landstrich Altbayerns dürften sich auf so engem Raum so viele Gotteshäuser von den gleichen Architekten finden. Prägend waren vor allem der bereits genannte Hans Kogler, sein Nachfolger Anton Kogler und Johann Baptist Lethner. Dem Stil nach stammt der Turmoberbau samt Zwiebel in Eichenkofen, der gegen Mitte des 18. Jahrhunderts die gotische Turmspitze ersetzte, von letzterem.

Im Glockenstuhl hängen zwei Glocken. Die ältere wurde 1758 vom Landshuter Meister Karl Gottlieb Hancke gegossen; auf ihr findet sich ein Relief Christus am Kreuz mit der Umschrift Libera nos Domine Jesu Christe [Befreie uns, Herr Jesus Christ]. Die jüngere aus dem Jahr 1946 stammt aus der Glockengießerei von Karl Czudnochowsky in Erding. Auf ihr ist im Relief der Heilige Aegidius dargestellt, die Umschrift lautet Hl. Ägidius beschütze uns, Heimat, Flur, Haus und Hof. Diese Glocke ersetzt eine von Joseph Bachmair 1860 in Erding gegossene.4 Die Meister Bachmair und Czudnochowsky prägten Erdings Ruf als Glockengießerstadt.

Nicht übersehen werden sollte beim Eintritt in das Gotteshaus das gotische Vorhaus. In die Seitenwände sind beidseitig rundbogige Mauernischen eingelassen; die östliche dient als Karner und ist mit zwei Schädeln und Gebeinen befüllt. Darüber sehen wir ein spätgotisches Netzrippengewölbe mit einem runden Schlußstein; das Gewölbe fußt auf kegelförmigen Kragsteinen.

II. Inneres

Der schlichte Innenraum zerfällt in Langhaus und Chorraum. Im Chor finden wir ein gemauertes Tonnengewölbe mit Stichkappen, die auf Pilastern ruhen; an der Nordseite springt der Turm ein. Als Gelenk zwischen Chor und Langhaus dient ein hoher, segmentbogig geschlossener Chorbogen. Das Langhaus besitzt ein flaches Holzlattengewölbe mit Stichkappen auf profilierten Gesimskonsolen. Die Fenster schließen rundbogig und sind mit rundverbleitem Antikglas versehen.

Als Zierwerk finden wir an den Wänden zwölf barocke aufgemalte Apostelleuchterkränze. Im Bodenbereich ist altes Solnhofer Pflaster in Rosenspitzformation verlegt. Im Eingangsbereich finden wir diagonal verlegte quadratische Solnhofer Platten.

Der raumhohe, weitausladende Hauptaltar ist der Zeit des Hochbarock zuzuweisen. Er ist mehrfarbig marmoriert und vergoldet. Als oberer Abschluß dienen die mosaischen Gesetzestafeln vor einem Strahlenkranz auf Gewölk.

Der Altarauszug ist zuoberst mit verkröpftem Gebälk, dann mit reichen vergoldeten Volutengiebeln und Akantuszierwerk versehen; als Mittelpunkt sehen wir eine in Öl auf Holz gemalte Mariendarstellung; die Muttergottes hält darauf mit beiden Händen ein sich offensichtlich wohlfühlendes Christkind.

In der Hauptzone dominiert die in Öl auf Leinwand gemalte Darstellung des Kirchenpatrons Sankt Aegidius (mit der Hirschkuh) zu Füßen des Heilands; zwei weitere Attribute des Kirchenpatrons (Abtsstab und Mitra) werden von zwei den Heiland flankierenden Engeln gehalten. Es handelt sich dabei um ein historisierendes Gemälde aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts; ein breiter, profilierter und vergoldeter Rahmen umstreicht das Bild. Vier gewundene (tordierte) Säulen mit vergoldeten Kapitellen flankieren die Assistenzfiguren zu beiden Seiten des Altarblattes. Wir sehen links den Heiligen Wolfgang (mit dem Kirchenmodell) und rechts den Heiligen Korbinian (den Diözesanpatron). Diese Skulpturen sind farbig gefaßt sowie teilweise versilbert und vergoldet und stehen auf beschrifteten Konsolen in freitragenden segmentbogigen Durchlässen.

Der Podiumsbereich ist mit umrahmten Felderungen verziert. Davor befindet sich eine konvexe (Dreh-)Tabernakelanlage mit glatten Säulenschäften. Darin eingestellt ist ein vergoldetes Kreuz aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zu beiden Seiten sind auf dem Tabernakel Leuchterenglein mit Gewölk plaziert.

Der gemauerte Stipes (in gotischer Form) mit vorspringenden glatten Gesims ist verputzt.

Abgesehen von einer Ausnahme (s.u.) sind die Namen der an der barocken Altarausstattung beteiligten Meister unbekannt. Treibende Kraft war der Eittinger Pfarrer Martin Aigner. Im Jahr 1707 schrieb er an den zuständigen Freisinger Bischof, Reparaturen an der Kirche Eichenkofen seien dringend notwendig. Er spricht auch von Kriegsschäden (wohl weniger vom Dreißigjährigen Krieg als vom Spanischen Erbfolgekrieg herrührend). Fürstbischof Johann Franz genehmigte die Arbeiten; die Rechnungen seien vorzulegen. 1717 berichtete Aigner, der Choraltar und die beiden Seitenaltäre seien ganz neu aufgerichtet worden (unter Verwendung älterer Teile, etwa der Skulpturen Philipp Vogls, s.u.). Er bat den Bischof, die Weihe dieser Altäre vorzunehmen; diese erfolgte schließlich 1722, also erst fünf Jahre, nachdem Pfarrer Aigner um die Weihe gebeten hatte!

Der linke Seitenaltar präsentiert sich als geradliniger, spätbarocker, mehrfarbig marmorierter Altaraufbau. Im Auszug sehen wir über dem verkröpften Gebälk ein Gemälde (Öl auf Holz) mit der Darstellung des Kampfes des Erzengels Michael (mit Schwert und Seelenwaage) mit dem Teufel. Gerahmt wird dieses Bild von einem mit Akantusblattwerk verzierten vergoldeten Rahmen. Flankiert ist das Auszugsbild von zwei geschnitzten, teils versilberten und farbig gefaßten Vasen mit buntem Blütenschmuck.

Im Hauptgeschoß finden wir in der blau gefaßten und von einem vergoldeten Rahmen umgebenen Figurennische eine relativ seltene Darstellung der Heiligen Familie5, wohl von der Hand des Erdinger Bildschnitzers Philipp Vogl (um 1680). Neben Eichenkofen finden sich solche barocke Skulpturengruppen in unserer näheren Umgebung in Gaden und Riding. Die Figuren sind farbig gefaßt und teilweise vergoldet und versilbert. Zuoberst sehen wir Gottvater als Halbfigur auf Gewölk, darunter die Heilige Familie mit Nährvater Joseph, dem Christusknaben (mit goldenem Gewand) und Maria (von links nach rechts). Seitlich davon sind zwei glatte Säulenschäfte mit korinthischen Kapitellen angebracht. Im Podiumsbereich befindet sich ein kleiner Schrein mit zwei halbrunden Säulen. In der rundbogigen Schreinnische sehen wir eine Schneidarbeit Wahre Abbildung von der / wundervollen Maria v. Trost. Diese Darstellung des Passauer Typus „Maria Hilf“ - nach dem Prototyp von Lukas Cranach in Innsbruck - gehört zu den barocken Gnadenbildern, die eine weite Verbreitung gefunden haben. Neben Eichenkofen finden wir im Erdinger Land Kopien in Außerbittlbach, Langenpreising, Niederstraubung und Schwaig.

In Aufbau und Gestaltung sind die beiden Seitenaltäre identisch. Der Auszug des rechten Seitenaltars zeigt die in Öl auf Holz gemalte Darstellung des Heiligen Florian, des Patrons gegen Feuersnöte. In der Mittelnische im Hauptgeschoß sehen wir drei farbig gefaßte, teils versilberte und vergoldete Schnitzfiguren: Heiliger Leonhard, als Hauptfigur flankiert von den beiden kleineren Skulpturen Heiliger Rochus (links) und Heiliger Sebastian (rechts). Während Leonhard als Patron des Viehs gilt, werden Rochus und Sebastian als Patrone gegen die Pest verehrt.

Diese drei Figuren rühren ausweislich der Kirchenrechnung vom Erdinger Bildhauer Philipp Vogl her und stammen aus dem Jahr 1680; stilistische Vergleiche mit dem Skulpturenschmuck des linken Seitenaltars legen nahe, daß dort ebenfalls Philipp Vogl tätig war (s.o.). Vogl, übrigens ein streitbarer Mann - 1671 mußte er sich wegen eines Stemmeisenstichs vor Gericht verantworten -, schnitzte auch die Model für die barocke Stuckdekoration der Erdinger Stadtkirche Sankt Johann.

In der rundbogigen Schreinnische befindet sich eine farbig gefaßte Schnitzfigur der Altöttinger Gnadenmadonna, die folgendermaßen signiert ist: Peter Paul Hämerl maller in / Erding gefast / 1712.

Im Scheitel des Chorbogens hängt eine hochbarocke Rosenkranzmadonna, eine in unserer Gegend oft anzutreffende Darstellung (Adlberg, Haidberg, Indorf, Notzing, Reisen, Sulding, Taing, besonders bedeutend Lohkirchen, da aus dem Umkreis Hans Leinbergers). Das Eichenkofener Exemplar ist polychrom gefaßt mit versilberten und vergoldeten Partien. Die gekrönte Muttergottes hält das Jesuskind mit der Weltkugel in ihrer Linken und das Zepter in ihrer Rechten, ist von Strahlen umgeben und steht auf einer kleinen Wolkenbank. Maria hat das rechte Bein auf den Halbmond gesetzt; flankiert ist sie von vier jubilierenden Putti. Als Einfassung dienen die versilberten und vergoldeten Perlen des Rosenkranzes; den unteren Abschluß bildet ein Kreuz.

An der südlichen Langhauswand ist ein gekreuzigter Heiland mit Mater Dolorosa angebracht. Die beiden farbig gefaßten, versilberten und vergoldeten Schnitzfiguren sind im Rokokostil gearbeitet, stammen also aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Muttergottes steht auf einer mit Rocaillen, dem Leitmotiv des Rokoko, verzierten Konsole. Besonders zu erwähnen sind zahlreiche gute Gravuren an den Gewandsäumen der Muttergottes.

An der nördlichen Chorwand wurde ein Vortragekreuz angebracht. Der Kruzifixus ist farbig gefaßt, teilweise vergoldet und geradlinig mit leicht geneigtem, nach vorne blickendem Haupt dargestellt. Der Kreuzbalken ist zweifarbig gefaßt, auffallend sind die langen Nägel, mit denen er an der Wand befestigt ist.

Das Laiengestühl stammt aus dem Jahr 1832 und wurde vom Eittinger Kistler Caspar Paur angefertigt (eine Gestühlwange signiert 18/32/C.P./E.). Das Gestühl ist auf zwei Blöcke mit je 7 bzw. 6 Bankreihen aufgeteilt. Bemerkenswert sind die spätklassizistischen Eichenwangen. Ein Vorfahre von Caspar Paur, der Eittinger Kistler Georg Paur, hatte für Eichenkofen bereits 1720 ein neues Laiengestühl und 1740 ein neues Chorgestühl geliefert, welch letzteres noch heute erhalten ist.

Das spätbarocke Chorgestühl ist wesentlich einfacher gestaltet als das Laiengestühl. Es handelt es sich um eine Bank mit zwei vertieften Feldern und hohem Dorsale (Rückwand). Die schmiedeeisernen Vorrichtungen dienen zum Einstecken von Vortragekreuz und Fahnen.

Gegenüber ist in die nördliche Chorschrägmauer ein Beichtstuhl eingelassen. Es handelt sich dabei um eine spätbarocke zweiteilige Anlage, wohl gleichzeitig mit dem Chorgestühl entstanden (um 1740).

Die Emporenbrüstung stammt ebenfalls aus spätbarocker Zeit. Die fünf Felder werden von gewundenen Pilastern und Akantusschnitzwerk eingerahmt; Emporenbrüstung, Chor- und Laiengestuhl sind jetzt holzsichtig ungefaßt.

Eine erste Orgel6 erhielt Eichenkofen im Jahr 1852; damals kaufte die Filialkirche die alte Orgel der Pfarrkirche Eitting. Das Werk verfügte über vier Register, Disposition und Erbauer sind unbekannt. Reparaturen erfolgten 1854, 1868, 1877 und 1887.

Die heutige Orgel baute 1888 der Münchner Meister Franz Frosch; sie hat ein Manual und fünf Register mit mechanischer Kegellade. Beim Prospekt handelt es sich um ein neuromanisches Gehäuse mit Rundbogenfeldern und erhöhtem Mittelturm.

Durch eine noch original erhaltene hochbarocke Eichentüre mit altem Griff, Schloß und Beschläge betritt man die östlich an den Chor angebaute Sakristei, die von einem Kreuzgratgewölbe überspannt ist. Die hochbarocke Schrankeinrichtung wurde im 19. Jahrhundert mit Überbauten versehen. In die nördliche Mauernische ist eine Lavaboanlage eingepaßt, in der Holzrahmung auf 1691 datiert; Zinnbehälter und Wanne stammen vom Freisinger Zinngießer Hans Sickh. Rangunterschiede zwischen reichen Pfarr- und armen Filialkirchen können auch an einer solchen Lavaboanlage deutlich werden; finden wir beispielsweise in der Pfarrkirche von Fraunberg eine Rotmarmoranlage in den Formen der verklingenden Renaissance, so mußte man sich in Eichenkofen mit einem schlichten Holzgestell mit Zinneinsätzen begnügen.

Bemerkenswert sind die hier aufbewahrten barocken Skulpturen, die im Lauf des Kirchenjahres auf dem Hochaltar Verwendung finden: ein Osterlamm, ein Auferstehungschristus und ein segnendes Christuskind.

Restaurierungen im 19. und 20. Jahrhundert

Im Jahr 1844 beantragte Pfarrer Matthias Silberer von Eitting für die Filialkirche Eichenkofen größere Reparaturen. Auch von der Herstellung des unschuldigen Kinderfriedhofs ist die Rede. Dabei handelt es sich um einen vom übrigen Friedhof abgetrennten Bestattungsplatz, in dem die ohne den Empfang der Taufe verstorbenen Kleinkinder beigesetzt wurden. 1845 schrieb Pfarrer Silberer an den Dekan des Landkapitels Erding, daß trotz seines Berichtes keinerlei Reparaturmaßnahmen erfolgt seien. Die Renovierung wurde schließlich im März 1846 durch die Regierung von Oberbayern genehmigt mit der Bemerkung, die Arbeiten seien mit dem Eintreten günstiger Jahreszeit im künftigen Frühjahr vorzunehmen und bis Ende Mai gut und meisterhaft zu vollenden. Von November 1846 stammt ein Aktenvermerk, der feststellt, daß alles notwendige ausgeführt wurde (Ausbessern des Kirchenfensters, Verputz- und Tünche-Erneuerung, Umdeckung der Hälfte des Kirchendaches mit Platten, Neufassen, Vergolden und Marmorieren der drei Altäre durch Faßmaler Renauer in Erding). Im Jahr 1876 waren wieder Reparatur- und Renovierungsarbeiten notwendig. Auch Anschaffungen wie Paramente und ein zweiter Meßkelch wurden gewünscht. Das Kirchendach war nicht mehr dicht. Der Eittinger Pfarrer Georg Finzl äußert sich in seinem Antrag beim Bezirksamt Erding wenig schmeichelhaft über seinen Vorgänger:

Herr Pfarrer Schäfl hat leider seit seinem 17-jährlichen Besitze der Pfarrei Eitting für die drei Kirchen [Eitting, Eichenkofen, Reisen] gar nichts getan, darum stehen sie zur Zeit so armselig und dürftig da, daß sie nicht Andacht erregend, sondern erbarmungswürdig sind!

Es wurden dann nach einigem Hin und Her tatsächlich größere Reparaturen durchgeführt. Die erhebliche Kostenüberschreitung infolge der Anschaffung von Paramenten wurde von der Regierung nachträglich genehmigt mit Rücksicht auf die nachgewiesene Nothwendigkeit der gemachten Anschaffungen.

Am 23. September 1883 hielt Distriktsbaumeister Franz Loesti die Schlußvisitation. Er bestätigte, die Arbeiten seien solide ausgeführt und nun abgeschlossen. Er beschreibt genau, welche Arbeiten ausgeführt wurden. So sei das Dach des Langhauses abgenommen und mit Ziegelplatten anstatt der schadhaften Hohlziegel neu gedeckt worden. Den Giebel der Westseite, der große Ausbauchungen zeigte, habe man mit Zieglen neu aufbauen müssen und mit Strebepfeilern versehen. Die Turmtreppe sei bisher im unteren Teile außen gewesen. Sie sei mit Holz verschalt und mit Schindeln gedeckt gewesen. Weil in der Nähe ein großer Stadel stand, habe man aus Gründen des Feuerschutzes den Aufgang in den Turm verlegt. Die ganze Kirche habe außen einen neuen farbigen Anstrich erhalten und habe nunmehr ein sehr nettes, sauberes und gefälliges Aussehen. 1888 wurde die Kirche innen ausgemalt. Auch 1910 waren aufwendige Reparaturmaßnahmen nötig. Jetzt mußte man zur Finanzierung Geld von der Kirchenstiftung Grucking aufnehmen.7

Am einschneidendsten wirkte sich die Restaurierung der Jahre 1964/1965 aus; einer Entrümpelungsaktion, geprägt von der Ideenwelt des II. Vatikanischen Konzils, fielen die Kanzel, der Kreuzweg, die Antependien der Altäre und die Kommunionbank zum Opfer.

Bei der Kanzel handelte es sich um ein Werk des Erdinger Kistlers Petrus Riester und des bedeutenden Faßmalers Franz Xaver Zellner (der Kostenvoranschlag stammt von 1777).

Vor allem der Kreuzweg hatte eine eigene Geschichte. Pfarrer Johann Michael Schallamayr von Eitting richtete im Jahr 1804 eine erneute Eingabe an das Generalvikariat Freising, mit der Bitte, daß in Eichenkofen ein Kreuzweg eingesetzt werde; im April 1803 sei ihm bedeutet worden, daß man ordinariatsseits vom päpstl. Stuhle zu Rom die Ermächtigung, die auf die Kreuzwegstationen verliehenen Ablässe zu erteilen, in Bälde erwarte, bis wohin ich mich zu gedulden hätte. Da seitdem eine Jahr verflossen und von Seiten der Gemeinde auf die Einführung der Kreuzwegandacht gedrängt werde, wiederhole er sein Gesuch. Das Generalvikariat verwies in seiner Antwort vom 31. Oktober 1804 darauf, daß der bischöfliche Stuhl zur Zeit nicht besetzt sei (der letzte Bischof, Joseph Conrad von Schroffenberg, war 1803 gestorben) und genehmigte dann offenbar von sich aus die Einsetzung des Kreuzweges mit den hierauf verliehenen Ablässen.

Offenbar wurde der Kreuzweg auf Kosten Pfarrer Schallamayrs eingesetzt; jedenfalls schreibt er nach der Resignation auf die Pfarrei Eitting (1822), daß er zur Zierde der Kirchen in Eitting, Reisen und Eichenkofen erweislich 2000 Gulden verwendet habe.8

Die Einsetzung des Kreuzwegs in Eichenkofen beweist, daß man die Große Säkularisation von 1802/1803 nur teilweise als Bruch in der kirchlichen Tradition ansehen kann. Vor allem auf dem Land scheint manches weiterhin seinen gewohnten Lauf genommen zu haben; der Kreuzweg und vor allem der ungebrochen anhaltende Glaube der Eichenkofener Filialisten verdeutlichen diese Kontinuität. Höchst bedauerlich, daß dieses für die lokale Kirchengeschichte bedeutende Denkmal entfernt wurde.

Das ausgehende 20. Jahrhundert brachte wiederum eine breit angelegte Restaurierung der Filialkirche. Nach großen persönlichen wie finanziellen Opfern erstrahlt das Gotteshaus Sankt Aegidius wieder in seiner ursprünglichen Pracht.

Pirschlinger-Kapelle in Eichenkofen

Eine Betrachtung über die Kirchengeschichte von Eichenkofen wäre unvollständig, würde man nicht auch die Pirschlinger-Kapelle9 miteinbeziehen.

An der langen Dorfstraße, etwa in der Mitte Eichenkofens, steht die kleine Straßenkapelle in einem Gärtchen, vom Gehsteig nur durch einen Lattenzaun mit Türe getrennt. Dabei handelt es sich um einen relativ einfachen Bau, bestehend eigentlich nur aus einem frei zugänglichen Vorraum mit Betstühlen und daran anschließender Figurennische mit einer Madonna, geschützt von einer Tür mit Eisengitter. Der Giebel ist von einem vergoldeten Kruzifix bekrönt.

Erste Aufschlüsse gibt eine im Giebel eingeputze Steinplatte; sie trägt die Aufschrift Gelobt / sei / Jesus Christus / 1895.

Nach mündlicher Überlieferung hat die Familie Pirschlinger die Kapelle errichtet aus Dankbarkeit für die glückliche Geburt eines Kindes, nachdem das erste Kind gestorben ist. Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts trafen sich die Eichenkofener hier zu Maiandachten. Die Kapelle wurde von der jetzigen Besitzerfamilie Abendroth vor einigen Jahren mit Eigenmitteln gut renoviert.

1Vgl. grundsätzlich Brenninger, Georg: Kunsttopographie des Erzbistums München und Freising, Dekanat Erding, Pfarrei Langengeisling, Typoskript o.O. o.J. mit eingeklebten Photos (P. Joachim Hagel OPraem sei an dieser Stelle herzlichst für die Erlaubnis zur Einsichtnahme gedankt); ferner Niedermayer, Hans: Eitting. Die Geschichte einer Landgemeinde, Birkeneck [1998], S. 253-258. Eine Betrachtung der Kunstgeschichte des Erdinger Raumes hat auszugehen von Bezold, Gustav v.; Riehl, Berthold; Hager, Georg: Die Kunstdenkmale des Regierungsbezirkes Oberbayern, IV. Theil: Stadt München, Bezirksamt Erding, München 1902, und von Blatner, Josef: Die Kunst bis zum Ende des 30jährigen Krieges, in: Im Zeichen des Pferdes. Ein Buch vom Landkreis Erding, München 1963, S. 129-137 und ders.: Barock und Rokoko. Die Zeit nach dem 30jährigen Krieg bis Ende des 18. Jahrhunderts, ebdt. S. 138-150; kein Nachweis zu Eichenkofen bei Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern IV: München und Oberbayern, Berlin 1990.

2Die entsprechende Textpassage ist in meinem Aufsatz Die Filialkirche Sankt Aegidius - eine kirchengeschichtliche Betrachtung im vorliegenden Buch wiedergegeben.

3Bezold (wie Anm. 1), hier S. 1202, 1218

4Seeanner, Matthias: Die Glocken der Erzdiözese München und Freising (Beiträge zur Geschichte, Topographie und Statistik des Erzbistums München und Freising, Neue Folge; 5), München 1913, S. 63 (Nr. 5); das Dekanat Erding S. 58-73

5Brenninger, Georg: Katalog zur Ausstellung Madonnen aus dem Landkreis Erding, in: Erdinger Land 5 (1981), S. 109-128, hier S. 112 (Nr. 6), Abb. 15; die Madonnendarstellungen in Sankt Aegidius werden auf den S. 25, 28 und 29 besprochen.

6Brenninger, Georg: Die Orgeln des Landkreises Erding in Geschichte und Gegenwart (Erdinger Land; 1), Erding 1977, S. 68 (Nr. 14) (mit Abb.)

7Niedermayer (wie Anm. 1), hier S. 256-258

8Niedermayer (wie Anm. 1), hier S. 74, 255

9Schierl, Wolfgang: Die Kapellen des Landkreises Erding (Erdinger Land; 12), Wartenberg 1991, S. 78 (mit Abb.)